Geschichten über Kalbe Milde
 

 



 
Vorwerke und Rittergut I

Ursprünglich war es nicht Brauch, dass Burgherren eigene Landwirtschaft in größerem Umfang getrieben. Sie taten Äcker und Wiesen gegen Zins an Bauern aus, „die den Boden frei bewirtschafteten und ihren Kindern frei vererben konnten“. Dennoch bestand ein Vorwerk in Calbe schon 1477. Es lag nordwärts vor der Burg an der Stelle des heutigen Ritterguts I. Der Teilungsvertrag unterrichtet uns über die 1477 vorhandenen Gebäude. Busso VII. erhielt „die hinterste Scheune auf dem Vorwerk“ und die „Heuscheune für den Borg bei der Mühlen“. Den Söhnen Ludolfs IV. fiel das „rechte Vorwerkhaus und die rechte Scheune“ zu, Gebhard XVI dagegen „der mittelste Teil mit der einen Kornscheune und dem Schweinehause.“ Aus diesem Vorwerk gingen nach und nach die vier späteren Vorwerke hervor, die bis ins 19. Jahrhundert erhalten blieben, doch blieb ein Rest dieses ältesten Vorwerks, das von Bischof Busso II im 16. Jahrhundert neu aufgebaut worden war, als „Altes Vorwerk“ im Mittelpunkt der drei späteren bestehen und dort befand sich im 18. und 19. Jahrhundert eine „Holländerei“. Westlich anschließend vermutet man die Stätte des einstigen St. Lorenzklosters.

Erläuterung zum Bild Holländerhof - Die Gebäude hinten brannten 1903 ab. Die Scheune rechts (Gartenstr. 9) – erbaut 1728 von Ludolf XVII. v. Alvensleben aus Engersen - blieb bis heute erhalten.

Ludolf X. begründete nach 1550 das „Neue Vorwerk“, das sich als einziges vollständig im heutigen Gutshof der Rittergutes I erhalten hat. Der Hof wurde unter Carl August II. in seiner heutigen Gestalt nach 1730 neu erbaut und war (bis 1945) ein gut erhaltenes Beispiel eines in einheitlichem Fachwerk gestalteten altmärkischen Gutshofes. Das im klassizistischen Stil gebaute Gutshaus stammt von 1840.

Ihm folgte das „Asseburgische Vorwerk“, so genannt nach der Verpfändung an die Asseburgs 1600–1699. Es lag südlich des Alten Vorwerks, von der Straße vom Flecken zur Burg begrenzt, und ist bis auf das Gutshaus an der Mildebrücke verschwunden, das um 1730 erbaut, 1806 für Carl Wilhelm v. Alvensleben wieder als Wohnung hergerichtet wurde, und später „Lindenhaus“ genannt, bis 1934 Witwensitz des Rittergutes war.

Als letztes entstand das Große Vorwerk und zwar nordwärts des „Alten Vorwerks“. Diese vier Vorwerke waren jeweils im Viereck angelegt und von Wassergräben eingefasst, die teilweise noch vorhanden sind und die einstige Ausdehnung der Höfe klar erkennen lassen. Alle Gebäude waren aus Fachwerk, auch die einstöckigen Herrenhäuser, deren einige vielleicht schon vor Schleifung der Burg 1632 vorhanden waren, aber seitdem erst zu Sitzen für die einzelnen Linien wurden. Jedes Vorwerk wurde durch einen Amtmann bewirtschaftet.

Das Alte, Neue und Asseburgsche Vorwerk wurden 1737 im heutigen Rittergut Calbe I vereinigt und damals zunächst „Amt Calbe“ genannt. Das Asseburgische, 1701 noch erwähnt, bestand noch 1812–1836. Das Große Vorwerk, im 19. Jahrhundert abgebrochen und an die Südostseite der Burg verlegt, bildete das Goßlersche Rittergut Calbe II.

1778 besaß der Großbritannische Minister Johann Friedrich Carl I. v. Alvensleben drei Vorwerke. Sein Amtmann Stambke riet, das fehlende Große Vorwerk dazu zu erwerben, das damals der Landjägermeisterin v. Lüderitz, geb. v. Alvensleben gehörte. Bereits der Geheime Kammerrat Carl August II hätte das Große Vorwerk für 27.000 Thaler dazu erwerben können, er wollte jedoch „die damals noch lebende Witwe v. Alvensleben nicht pro inventario annehmen“, wodurch der Handel „frakieret“ (?) wurde. 1778 sollte das Vorwerk 24.000 Thaler kosten. Der Kauf unterblieb. So ging das Rittergut Calbe II den Alvensleben verloren. Es wurde 1817 vom Amtmann Schildt erworben und nach dessen Tod 1874 von den Erben an die Goßlers verkauft, die es bis zur Enteignung 1945 besaßen.

Der Hof des Rittergutes I. ist heute – nach mehreren Bränden - verschwunden. Erhalten blieb nur das „Kutscherhaus“, das in ein Restaurant umgestaltet wurde. Die in der Bildpräsentation vorhandenen Vorkriegsbilder vermitteln einen Eindruck von der früheren Anlage.

   
  
 

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