Geschichten über Kalbe Milde
 

 



 
Dritte Generation: Unter den Luxemburgern, 1360–1412

Das von politischen Kämpfen zerrissene 14. Jahrhundert, ein Zeitalter geschwächter Fürs-tenmacht, war dem Aufstieg mächtiger Adelsgeschlechter günstig. 1373 traten die bayrischen Markgrafen die Mark Brandenburg an Kaiser Karl IV. a. d. H. Luxemburg ab, und für kurze Zeit sah sich die Altmark wieder im Mittelpunkt der Reichspolitik. Der Monarch wünschte, dass das Gebiet seiner brandenburgischen Hausmacht durch eine großzügige Handelspolitik zu heben und in blühendes Kulturland zu verwandeln. Dazu bedurfte es wie in Böhmen eines starken, wohlhabenden Herrenstandes, dem er die Landesverwaltung übertrug.

Die hohen Staatsämter gewannen unter ihm an Wert, seine Hofhaltung blieb auf die adligen Lebensformen von dauerndem Einfluss. Die Baukunst erhob sich zu einer Höhe, die sie hier nie wieder erreichte, und deren Überreste noch heute den Ruhm der Altmark bilden. Burgen und Stadtbefestigungen in reicher spätmittelalterlicher Gestaltung gingen zugrunde, aber einige der wichtigsten Gotteshäuser ragen - rings um Calbe - noch aus jenen Tagen in unsere Zeit.

Die Dauer dieses glücklichen Zustandes war kurz. Kaiser Sigismund verpfändete die Mark an Jobst von Mähren. Die Hohenzollern, die seit 1411 als Pfandherren und seit 1415 als Kurfürsten die brandenburgischen Lande regierten, bedurften eines vollen Jahrhunderts, um die Fronde der führenden Adelsgeschlechter zu brechen und diese in aufbauende Kräfte zu verwandeln.

Die Hohenzollern legten von Anbeginn den Schwerpunkt ihrer Aufgaben in die Fortführung der Ostpolitik des Reiches. Einige große Gestalten dieses Hauses war es bestimmt, in folgerichtiger Eroberungspolitik, den Rahmen des alten Reiches sprengend, ihr gestaltloses, armes, von einer Kolonialbevölkerung nur schwach besiedelten Land zu weltgeschichtlicher Größe zu erheben.

In diese historische Perspektive wuchs das Haus Calbe hinein. Albrecht III. lebte etwa bis 1412, seine Gemahlin hieß Heilwig, er besaß vier Söhne und eine Tochter, Sophie. Der ältere Busso II., starb jung. Er hatte nur einen Sohn, Gebhard XII. In der Verschreibung des Leibgedinges für dessen Witwe Elisabeth erscheint die Stadt Bismark um 1370 zum ersten Mal als Eigentum der Alvensleben zu Calbe.

Unterdes starb die alte Truchsess–Linie der Alvensleben zu Halberstadt aus. Trotz des Anspruchs, den Werner v. Bodendiek, wahrscheinlich ein Blutsverwandter dieser Linie, auf den erledigten Truchsess–Titel erhob, wandte der Bischof von Halberstadt diese alte Würde der Alvensleben 1369 den Brüdern Albrecht und Gebhard zu, die die letzten amtierenden Truchsesse oder Drosten von Halberstadt gewesen sind, denn dies Amt wurde später nicht erneuert.

1371, am 15. April, verlieh Markgraf Otto dem Ritter Gebhard XI. für sich und seine Erben die Lehnshoheit über sämtliche im Calbeschen Werder gelegenen Güter, mit Ausnahme derer, die den schlossgesessenen Geschlechtern der Schulenburg, Bartensleben und Knesebeck verafterlehnt waren, ein schwerer Schlag für die Ritterschaft im Werder. Am 20. April erging an sie Befehl, ihre Güter in Zukunft von den Alvensleben zu Lehen zu empfangen und diese als ihre Lehnherren anzuerkennen, wahrscheinlich eine Gegenleistung der Wittelsbacher für die Erbhuldigung der brandenburgischen Städte, die Gebhard XI. als Erbmarschall zu ihren Gunsten gegen den Einfluss der Luxemburger zustande gebracht hatte. Diese Lehnshoheit blieb das 15. Jahrhundert über in Kraft, man weiß nicht, wann sie erloschen ist.

Um 1363 erwarb Gebhard XI. die Pfandherrschaft des Magdeburgischen Schlosse Altenhausen. Eine weitere Etappe des Aufstiegs bedeutete die Anwartschaft, die das Haus Calbe auf Stadt und Land Friesack, eine Herrschaft der Bredows im Havelland, erhielt. Man weiß jedoch nicht, welche Vorteile die Alvensleben durch diese Verlehnung erlangten oder dafür eintauschten, da die Bredows sich dort durch Jahrhunderte weiter behaupteten. Im gleichen Jahre, 1368, erwarben Albrecht III. und Gebhard XI. von den Wittelsbachern und Herzog Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg Stadt und Burg Lenzen in der Prignitz als Pfandbesitz für 1100 Mark Silber. Am 18. November erfolgte die Huldigung der Bürgerschaft.

1369 führte Gebhard XI. den Titel „Vogt zu Tangermünde“ und „Vogt über der Elbe“. Am 1. Januar 1371 wurde er noch von den Wittelsbachern mit dem Erbmarschallamt der Mark Brandenburg belehnt, das unter dem Hause Luxemburg wieder verloren ging, (Wohlbrück vermutet durch Verkauf) und an die Edlen zu Putlitz kam. In vielen Urkunden erscheint Gebhard am markgräflichen Hof, in Salzwedel, Tangermünde und der Neumark.

Trotz eines mit den Luxemburgern bestehenden Erbvertrages sucht Markgraf Otto, wie erwähnt, seinen Neffen, Herzog Friedrich v. Bayern, mit Hilfe des Erbmarschalls Gebhard v. Alvensleben als Erben in der Mark einzusetzen. Er musste jedoch 1373 die Herrschaft unter Zwang Kaiser Karl dem Vierten übergeben, der mit seinem Sohn, König Wenzel von Böhmen den Alvensleben mit denen zu rechnen war, dennoch ihre Güter und Rechte bestätigte.

Eine kurze Belagerung Calbes durch die Bürger von Magdeburg, deren Feinde auf dem Schloss in Schutz genommen waren, fällt in das Jahr 1381. Zehn Jahre später vermittelt Albrecht III. zu Lüchow einen Frieden zwischen Heinrich von Brandenburg-Lüne-burg und Jobst von Mähren. Wohlbrück vermutet, dass Albrecht mit den Herzog von Lüneburg in enger Verbindung gestanden und eine große Pfandherrschaft, wahrscheinlich Lüchow selbst, das die Roten Alvensleben zu Erxleben bereits zu Beginn des 14. Jahrhunderts innegehabt hatten, von ihnen zu Lehen getragen hat. Auch Stadt und Herrschaft Grabow im südlichen Mecklenburg war den Alvensleben zu Calbe 1355–1363 verpfändet. 1402 finden wir Albrecht III. im Pfandbesitz der Vogtei Salzwedel gemeinsam mit Hans v. dem Knesebeck.

Zarnack (I. 308–309, II. 233–235) berichtet, dass die ersten Alvensleben zu Calbe auch das Burglehen zu Salzwedel anteilig besessen haben. Vor dem alten markgräflichen Schloss lagen Burghöfe der Schulenburg, Bartensleben, Knesebeck und Alvensleben. Mit diesem Hof, der zwischen Schloss und Jeetze lag und dem Salzwedeler Burglehen, das aus einem Einkommen für die Pflicht, das Schloss zu bewachen, übrig geblieben war, blieben die Alvensleben zu Calbe bis Ende des 18. Jahrhunderts beliehen. Alle Landesherren bis zu Friedrich dem Großen haben den Alvensleben Lehnbriefe darüber erteilt. Zu diesem Burglehen gehörten: Haus und Hof zu Salzwedel, dabei drei Buden (zwischen Jeetze und Schloss), ein Wall und Hof außerhalb der Stadt und Burg (von der Bockhörner Brücke bis hinter Heine Bohnens Haus), ein freier Wassergang, sieben Viertel Roggen aus Rademin und ein Pfund lübischer Pfennige aus dem Dorfe Lüge. An Alvenslebenschen Besitzungen um Salzwedel nennt Zarnack weitere Höfe in Buschwitz und Böddenstedt.

Auch ein Münzrecht, das die Stadt 1314 hatte veräußern müssen, besaßen die Alvensleben zu Calbe, die Schulenburg zu Beetzendorf und die Knesebeck zu Tylsen gemeinsam in der Altstadt Salzwedel. (Wohlbrück I. 400–402). Erst 1434 löste der Magistrat dies Münzrecht gegen jährliche Überlassung von 40 Quart Rheinwein an jedes dieser drei Häuser wieder ein.

Die Einflusssphäre des Hauses Calbe reichte um 1400 von Halberstadt über die Besitzungen um Schöningen, Haldensleben und das Kernstück Calbe bis Mecklenburg und an die Ostgrenze der Mark. Jede dieser Pfandherrschaften bildete einen Verwaltungsbezirk, der zahlreiche Ortschaften, Pflichten, Rechte und Einkünfte umfasste.

Der Herrschaft Calbe selbst fielen unter den Brüdern Albrecht III. und Gebhard XI. Begüterungen in Bismark, Cheinitz, Neuendorf am Damm, Wenwede, Moellendorf, Ritze, Wartenberg, Book, Schorstedt, Schartau, Dobberkau, Butterhorst, Jeggeleben, Windberge und die Anwartschaft auf die Güter der Familie v. Jeetze zu.

Im Jahre 1406 schlossen die Alvensleben zu Calbe mit Bernhard und Heinrich zu Braunschweig–Lüneburg einen Bündnisvertrag gegen König Albrecht von Schweden.




mit freundlicher Genehmigung, entnommen der Chronik "Die Alvensleben in Kalbe - 1324-1945" von Dr. Udo v. Alvensleben-Wittenmoor verfasst 1920-1960 bearbeitet von Prof. Dr. Reimar v. Alvensleben

   
  
 

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