Geschichten über Kalbe Milde
 

 


 

 


 
Der Giemk zu Kalbe
(auch Kobold oder rotjackiger Junge)

In Kalbe an der Milde trieb der Poltergeist sein neckisches Spiel und Wesen besonders in einem altertümlichen Hause, welches an der Milde gelegen war. Obgleich nun dieser Hausgeist denen, welche daselbe bewohnten, viel Geld und anderes Hab und Gut zutrug, so fühlten sich dieselben schließlich bei all ihrem Reichtum doch nicht glücklich und hatten darum den sehnlichen Wunsch den Giemk endlich los zu werden. Aber das ging so leicht nicht, denn alle Mittel, welche sie auch anwandten, schlugen nicht an, und der böse Geist blieb nach wie vor der Mitbewohner des Hauses und war zu schlau, als daß er sich hätte fangen lassen.

Eines Tages nun spielten die beiden Knaben des Mannes, welcher das Haus besaß, in dem kleinen Gärtchen, welches vor demselben hart an der Milde lag, von wo ein schmaler Steg über dieselbe hinüberführte. Da wurden die beiden beim Spielen auf einmal gewahr, daß sich auf dem Stege etwas lebendiges hin und her bewegte. Es trug die Gestalt eines kleinen Tieres, war feuerrot und hatte dazu auch feurige Augen, womit es die beiden erschrockenen Kinder unheimlich anstierte. Sobald der eine von den beiden Knaben das rote Wesen erblickt hatte, schrie er laut:"Dat is joa de Deubel!" und lief schleunigst in das Haus seiner Eltern. Dem anderen Knaben war es nicht möglich zu laufen. Vor Schreck war er auf der Stelle, wo er stand, wie fest gebannt und als er dort so regungslos stand, war's ihm, als ob ihm von unsichtbarer Hand ein Schleier vor's Gesicht gezogen würde, so daß alles rings um ihn her war wie Nacht, und er auch nicht im geringsten sehen konnte. Nicht lange aber währte es, so wurde ihm der Schleier von den Augen wieder zurückgezogen. Der erste Blick, den der Knabe that, war nach dem Stege hin, wo sich das rote Tier gezeigt hatte; aber dasselbe war dort nicht mehr zu sehen, sondern bereits verschwunden, und man hatte seit dieser Zeit den Giemk - denn der Giemk hatte sich in das rote Tier verwandelt gehabt - auch nie wieder dort gesehen.


Noch eine andere Sage gibt es über den Giemk von Kalbe.
Es lebte hier vor Zeiten ein armer Mann mit einer zahlreichen Familie. als in einem strengen Winter, wo die Not im Hause besonders groß war, und das tägliche Brot für die hungrigen Kinder mangelte, sprach der Mann eines Abends zu seiner Frau:"Ich wollte der Giemk, der schon öfters den Leuten geholfen hat, käme auch zu uns und brächte uns Geld!" Kaum hatte der Mann diese Worte ausgesprochen, da that sich auch schon die Stubenthür auf, und herein trat plötzlich zum großen Schrecken des Mannes und seiner Frau der dienstbereite Giemk und brachte ihnen einen großen Sack voll Geld. Darüber herrschte große Freude in der Familie; denn nun war ja alle Not aufeinmal vergessen. Als aber dann zur bestimmten Zeit das kleine Rotmännchen an den folgenden Abenden wiederkam und Schätze über Schätze in der ärmlichen Stube ablud und niederlegte, bekamen Mann und Frau schließlich doch große Angst, und es war ihnen leid, daß sie die Hilfe des Giemk angerufen hatten. Um ihr Herz auszuschütten und Ruhe zu finden, gingen sie daher beide zum Herrn Oberprediger von Kalbe und erzählten demselben bis ins kleinste alles, wie es ihnen in den letzten Tagen mit dem Giemk gegangen sei.
Der Oberprediger gab ihnen den Rat, sie sollten das Geld, was ihnen der Giemk gebracht hätte, in die Milde schütten; denn dasselbe sei Teufelsgeld und bringe keinen Segen; er selbst wolle dafür sorgen, daß sie mit ihren Kindern nicht fernhin Not zu leiden brauchten.

Der wohlmeinende geistliche Herr hielt Wort; der Giemk aber ließ sich von der Zeit an in der Behausung der armen Leute nicht wieder sehen.-

Aus Sagen der Altmark von Alfred Pohlmann.


Die Grafiken wurde mit freundlicher Genehmigung dem Buch Sagen aus der Altmark von Eugen Gliege entnommen.
www.eugengliege.de

 
 
 
 
 
   
  
 

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